Die "ideale" Kamera

diese Kamera wog 625 Kilogramm, wenn sie mit einer 225 Kilogramm schweren Glasplatte geladen war und wurde von 15 Männern bedient... (c) Time Life 1971- Life die Photographie - "Die Kamera"
"das Mammut" (c) Time Life 1971

 

Da relativ viele Menschen wissen, dass ich einmal im Fotohandel gearbeitet habe, werde ich oft gefragt, was ich ihnen empfehlen würde, wenn sie die Absicht haben sich eine neue Kameraausrüstung zu kaufen.
Grundsätzlich eine gute Frage an einen Fotoverkäufer. Das Problem: ich arbeite schon ewig nicht mehr im Handel und befinde mit den einzelnen Kameras nicht mehr am letzten Stand der Dinge.

 

Trotzdem folgende Tipps:

  • Darüber nachdenken, was in erster Linie mit der Kamera (Ausrüstung) fotografiert werden soll. Beziehen sie hier bei Bedarf auch ihren Partner mit ein.
  • Überlegen, was das ganze Paket kosten darf. Auch hier ist die Meinung des Partners nicht uninteressant.
  • Machen sie eine Internetrecherche zu diesem Thema.
    Hier gilt: lassen sie sich nicht von diversen Diskussionsforen verunsichern.
    Unter Umständen haben sie auch Freunde und Kollegen, die sie hierzu befragen können. Das Problem bei Bekannten ist meist, dass die eigene Kamera das Maß aller Dinge ist...
  • Den Fotohändler des Vertrauens aufsuchen. Gute Verkäufer (ja, die gibt es noch) werden ihnen am ehesten weiterhelfen können.
  • Die Kameramarke ist nicht wirklich das wichtigste Kriterium. Heute gibt es nur mehr eine Handvoll Hersteller. Mit den klingenden Namen (Canon, Nikon, Sony) können sie meist nichts falsch machen.
    Fragen sie nach - preislich interessanten - Setangeboten.
  • Nach dem Beratungsgespräch wird ihnen wahrscheinlich der Kopf brummen.
    Je nach ihrem Vorwissen sind sie dann mehr oder weniger verwirrt. Das ist vollkommen normal.
    Notieren sie, was ihnen angeboten wurde (oder nehmen sie, falls vorhanden, ein Prospekt mit) und gehen sie nach Hause. Schauen sie noch einmal im Internet nach. Hier bekommen sie zusätzliche Hinweise zu den vorhandenen Informationen. Sie sehen, was der Preis wert ist, den ihnen der Händler genannt hat.
    Ich schaue auch immer wieder bei den Bewertungen auf Amazon nach.

 

Aber wieder zurück zum Thema:

  • Wie schaut also die ideale Reisekamera aus?

Wahrscheinlich so, wie das Teil, das sie gerade um den Hals hängen haben, oder in ihrer Fototasche mit sich herum tragen. 

In den wenigsten Fällen gibt es so etwas wie die ideale Kamera. Es gibt kaum eine, die gar nix kann, eine ganze Menge, die viel können und keine einzige, die alles kann. Allen Aufnahmesituationen gerecht werden, nämlich. 

Die ideale Kamera wird diejenige sein, welche sie in jeder Situation mit sich tragen. Die sie entsprechend bedienen können.

Fotografieren ist meistens ein Akt der Kreativität. Abstrakte Motivideen, die durch unser Gehirn wuseln, werden mit – noch abstrakterer – Kameratechnik in konkrete Bilder umgesetzt.

Der Fotoapparat selbst ist überhaupt nicht kreativ. Wir haben hier etwas Plastik und Metall, das, zusammen mit etwas Elektronik, meist in irgendeiner Fabrik in Fernost zusammengebaut wurde.

Überhaupt nicht erotisch. Aber ich habe auch nie die „Fotografen“ verstanden, die, immer mit der neuesten Technik bewaffnet, mit ihrer Kamera Gassi gehen…

Als ich vor vielen Jahren noch im Fotohandel gearbeitet habe, hatte ich einen Kunden, der sich, trotzdem er relativ wenig Geld verdient hat, immer das neueste Kameramodell seiner Lieblingsfirma gekauft hat. Im Zuge eines Gespräches hat er mir damals gestanden, dass er öfters mit seiner Kamera fotografieren geht, ohne dass er einen Film einlegt (damals wurde noch mit chemischen Film fotografiert). Einfach weil er es liebt, bewundert von den anderen Fotografen, durch den Sucher zu schauen und so zu tun, als ob. Einen Film konnte er sich nicht leisten; das wäre dann zu teuer geworden…

 

Nun, der Grund warum ich diese Geschichte erzähle, ist der, dass sich viele angehende Fotografen, allzu sehr auf die Technik und die Ausstrahlung der Kamera konzentrieren.

Wie ich bereits erwähnt habe, sollte ich mir überlegen, was ich mit der Kamera machen möchte. Ist sie nur Selbstzweck? Dann ist es auch in Ordnung, wenn ich mit dem Teil nur spazieren gehe. Es ist auch in Ordnung, wenn ich mich auf jeder Internetplattform an Diskussionen über noch so kleine technische Fragen und Problemchen beteilige. Es geht ja um nichts. Und spätestens wenn ein paar Monate um sind, wiederholt sich das Spiel und ich kann mich schier unendlich damit beschäftigen.

 

Wenn es mir beim Fotografieren um die Bilder geht die ich machen möchte, ist es meist nicht so wichtig, welche Kamera ich habe.

Natürlich sollte sie von den technischen Voraussetzungen her die Möglichkeiten bieten, die ich zum Schaffen richtig belichteter Fotos brauche. Es sollte die Möglichkeit bestehen, dass ich, je nach Thema und Motiv, welche ich fotografieren möchte, damit arbeiten kann.

So, und jetzt denken sie einmal kurz darüber nach, wie viele verschiedene fotografische Themen und Motive es auf der Welt gibt. Glauben sie wirklich, dass sie die alle mit einer Kamera fotografieren können?

Aber sicher nicht!

Die richtige Kamera ist wie ein Schweizer Taschenmesser: sie wird in vielen Fällen das Ergebnis liefern, dass sie brauchen.

Sie ist kein Wunder und auch nicht der Stein der Weisen. Und an dem haben sich die Kollegen im Mittelalter ja auch schon die Zähne ausgebissen…

 

Also, und mir ist klar, dass ich mich hier gebetsmühlenartig immer wieder wiederhole.

Machen sie sich Gedanken, was sie fotografieren wollen. Denken sie darüber nach, warum das mit ihrer jetzigen Kamera nicht geht. Oder ob sie dazu vielleicht nur noch den Weg zur Lösung bis heute noch nicht gefunden haben.

Sollten sie zur Erkenntnis kommen, dass das Teil, das sie schon besitzen, eigentlich eh alles kann, dann können sie sich eine Menge Geld sparen und dieses in eine Reise investieren. Oder, wenn schon keine Reise, dann in ein sinnvolles Zubehörteil, oder machen sie ihrer/m Liebsten  ein Geschenk.

Sollte das Ergebnis sein, dass die Kamera nicht passt, gehen sie in den Fachhandel und lassen sie sich beraten. Meiden sie in den meisten Fällen die Diskussionsforen im Internet. Die machen einen fertig!

 

Was mich betrifft, bin ich nach vielen Jahren irgendwann zu dem Entschluss gekommen, dass ich eine neue Kameraausrüstung möchte, die nicht nur eine gute Qualität liefert sondern auch relativ leicht ist.

Nach einigem Überlegen, Lesen (ja ich gebe es zu, auch im Internet…) und Anschauen, habe ich mich dazu entschlossen in das Fuji X System zu investieren.

Die Kameras sind klein und leicht, können relativ viel und sind mir durch ihr Retrodesign sofort aufgefallen.

Viel moderne Technik und alles verpackt in einem Gehäuse wie aus den 80-ern. Geil!

Ein paar Monate und knapp 6000 Euro später, hatte ich alles so zusammen, wie ich es mir vorgestellt habe. Dann ging es nach Fernost. Und wissen sie was? Obwohl ich mich schon jahrzehntelang mit dem fotografischen Krempel beschäftige und wirklich lange bei dieser Neuanschaffung recherchiert und nachgedacht habe, bin ich darauf gekommen, dass es doch ein paar Dinge gibt, die mich an der Kamera stören.

Aber was soll‘s? Arrangieren ist die Devise!

 

Ach ja! Noch etwas. Das liebe Geld.

Die meisten Menschen die ich kenne, haben für den Teil ihres Lebens, den sie mit der Fotografie ausfüllen, keine unbegrenzten Mittel zur Verfügung. Überlegen sie sich, was das alles kosten darf.

In der Praxis haben sie mehr davon, wenn sie sich eine günstigere Kamera mit ein paar interessanten Zubehörteilen kaufen, als wenn sie in ein Profigehäuse investieren, das sie finanziell an den Rand drängt und sie sich vielleicht dann keinen Film, Verzeihung, keine Speicherkarte mehr leisten können.

Hier sollte auch berücksichtigt werden, dass sich das Teil während einer Reise in Luft auflösen kann.

Es wird geklaut, sie lassen es irgendwo liegen oder es fällt in irgendeinen Bach…

Alles schon vorgekommen.

 

Jetzt haben wir doch schon ein paar sinnvolle Denkansätze für die ideale Reisekamera:

  • Die Kamera (nebst Zubehör) sollte einen großen Teil ihrer fotografischen Interessen abdecken können.
  • Sie sollten die Kamera technisch und körperlich beherrschen können.
  • Sie sollten die Kamera auch auf die Reise mitnehmen.
  • Sie sollten damit leben können, wenn sie sich in Luft auflöst.

 

Ein Canon Gehäuse, dass sich beim Klettern nach unten verabschiedet hat...
Ein Canon Gehäuse, dass sich beim Klettern nach unten verabschiedet hat...