Das konstruierte Bild...

Skellig Islands - Irland
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...oder: was darf an einem Bild verändert werden?

Ich habe zu einer Zeit mit der Fotografie begonnen, in der die Veränderung eines Fotos ziemlich schwierig war. Photoshop steckte noch in den Kinderschuhen und - wenn man ehrlich war - sah man es jedem Bild sofort an, wenn es irgendwie manipuliert  war.

Ganze Teile aus dem Bild herauszunehmen, oder auch diese in irgendeiner Form hinzuzufügen, war technisch schwer möglich. Und wenn, dann nur mit großen Aufwand in irgendeiner Dunkelkammer. Zumindest war das für den "Normalverbraucher" so.

 

Veränderungen wurden fast immer gleich bei der Aufnahme gemacht. Filter und Vorsatzlinsen, spezielle Filme oder Aufnahmetechniken haben die Bildwirkung verändert.

Bei Bildern konnte etwas wegretuschiert werden. Meist beschränkte sich dies allerdings auf Kratzer und Hautunreinheiten in den Fotoabzügen. Wie gesagt: das alles war schwierig und aufwändig. Speziell in der Farbfotografie und noch schwieriger beim Diafilm.

 

Etwas einfacher war es in der Schwarz Weiß Dunkelkammer. Hier konnte relativ einfach ein Bild nachbelichtet oder abgedunkelt werden. Ausschnitte waren an der Tagesordnung. War jemand in der Lage, dies alles in der Dunkelkammer zu machen, war er (oder sie) ein toller Hecht. Oft wurde ein quadratisches Negativ belichtet, damit später dann der richtige Bildausschnitt festgelegt werden konnte.

 

Heute, im digitalen Zeitalter, ist alles anders. Wenn sich jemand am Computer und den jeweiligen Programmen auskennt, kann ganz gewaltig am Bild verändert werden. Ab und zu hat man das Gefühl, dass gar keine Kamera mehr nötig ist. Und hier beginnt dann das Ganze problematisch zu werden. Bilder stehen sehr oft unter Generalverdacht, dass sie verändert wurden.

 

Aber auch hier muss die Frage beantwortet werden: warum fotografieren wir?

 

Wollen wir nur künstlerisch tätig sein, ist es nicht wirklich notwendig, bei einer Bildaussage bei der (unveränderten) Wahrheit zu bleiben. Hier kann dann jeder alles machen. Wie beim Malen oder Romanschreiben. Der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt.

Es gibt Puristen, die meinen, dass jede Veränderung durch Bildbearbeitung abzulehnen ist. Es gibt Fotografen, die korrigieren die Farbe, den Kontrast, die Helligkeit und - nur ganz wenig - den Bildausschnitt. Manche gehen einen Schritt weiter und erstellen Panoramas oder HDRs am Computer.

Manche stempeln im Bildbearbeitungsprogramm Dinge weg, die ihnen nicht gefallen; andere wiederum setzen ein Bild aus Bestandteilen zusammen, die sie sich von verschiedenen Fotos holen.

  

Sehen wir uns einmal die technische Seite dabei an.

Wir Fotografen sehen ein Motiv, das wir mit einer Kamera auf irgendeinem Speichermedium für die Nachwelt erhalten wollen.

Und schon hier beginnen die ersten foto-moralischen Probleme. Eigentlich müsste der Fotograf an seiner Kamera ein Objektiv wählen, dessen Bildausschnitt später am Foto dem entspricht, was er vor der Aufnahme von seinem Standpunkt aus sieht.

Das wären diese - früher so oft zitierten - Normalobjektive. Mit so einem Objektiv fotografiert, sieht ein Motiv, das fünf Meter weit weg ist, auch am Foto so aus, als ob es dieses fünf Meter weit weg wäre. 

Aber - und dazu habe ich mich schon im Kapitel "Wir sehen, was wir sehen wollen" geäußert - das ist nicht so einfach. Da wir Menschen alles sehr selektiv wahrnehmen, entspricht das gemachte Bild leider nicht immer unseren Erwartungen. Meist sind zusätzliche Informationen vorhanden, die uns nicht so wirklich gefallen. Aus diesem Grund wurden Wechselobjektive erfunden. Mit diesen kann ganz bewusst die Bildwirkung erzielt werden, die der Fotograf bei der Aufnahme vor seinem geistigen Auge hat.

Wie gesagt: schon hier beginnt die Veränderung, die Manipulation des Fotos. 

 

 

Wie halte ich es nun mit Veränderungen bei den Bildern?

 

Meiner Meinung nach sollte fast jedes Bild, das aus der Kamera kommt, in irgendeiner Form bearbeitet werden. Kaum eine Aufnahme, die dadurch nicht gewinnt.

Allerdings - und darüber lässt sich ganz trefflich streiten - stellt sich dann die Frage, wie weit darf ich als Fotograf dabei gehen?

Ich glaube - und danach handle ich auch - dass jede Veränderung erlaubt ist, die auch manuell und analog durch den Fotografen erzielt werden kann.

Das heißt: wenn ich mit meinem Normalobjektiv so nahe an das Motiv herangehen könnte und dann die gleiche Bildwirkung erziele, als wenn ich ein Teleobjektiv verwendete, geht das Wechselobjektiv moralisch in Ordnung. Das gilt für Weitwinkelobjektive und für Optiken die einen variablen Bildausschnitt erzeugen.

 

Das gilt auch für Veränderungen am Bildauschnitt. Ich persönlich kann keinen Unterschied darin erkennen, ob ich eine spezielle Aufnahmeoptik verwende, oder den gewünschten Bildausschnitt am Computer einstelle.

Hier werden in der Praxis die Möglichkeiten durch die Grenzen der Physik festgelegt; die Ausschnitte lassen irgendwann in ihrer Qualität nach.

 

Ich habe auch kein Problem damit, eine Zigarettenpackung, oder einen störendenden Grashalm oder Ast aus meinen Bildern digital zu entfernen. Ich könnte ja auch selbst hingehen und die Teile wegnehmen.

Bei der Zigarettenpackung mache ich das wahrscheinlich auch, weil ich es nicht mag wenn Müll in der Natur herumliegt.

Allerdings bin ich kein Freund von: "jetzt breche ich jeden Ast ab, oder reiße jeden Grashalm aus, der mir ins Bild hängt..." 

Also lasse ich hier Photoshop werkeln. Mit Bildbearbeitungsprogrammen korrigiere oder verändere ich auch die Bildhelligkeit, den Kontrast und die Farbtemperatur. Ich richte auch ab und zu den Horizont gerade.

 

Ich lehne es aber ab, Personen, Häuser, Autos aus meinen Bildern wegzunehmen, oder im umgekehrten Fall hinzuzufügen. Das eigentliche Bild - die bildwichtigen Teile - so wie sie in Wirklichkeit vorhanden waren, dürfen nicht verändert werden.

 

Aber, und da hat jeder Kritiker recht, wo sind da die Grenzen?
Ist das eine ehrliche Art zu fotografieren? Wahrscheinlich nicht! Aber jeder der meine Bilder betrachtet, kann sicher sein, dass das gezeigte Motiv so vorhanden war. 

 

Übrigens: Das Gesicht im Felsen ist in Wirklichkeit genau so vorhanden.